Sehr geehrte, liebe Kolleginnen,
sehr geehrte, liebe Kollegen,
die Rechtsanwaltskammer Stuttgart blickt auf ein ereignisreiches Jahr zurück.
Seitdem das Bundessozialgericht im April dieses Jahres die Praxis der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Befreiung der Syndizi von der Rentenversicherungspflicht als rechtswidrig eingestuft hat, ist die Diskussion über mögliche Lösungsansätze zur Befreiung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht in vollem Gange. Die Bundesrechtsanwaltskammer beauftragte auf ihrer Hauptversammlung im Mai dieses Jahres die Ausschüsse Sozialrecht, Verfassungsrecht und Berufsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer mit der Erarbeitung eines Gesetzgebungsvorschlages, durch den auch in Zukunft die Befreiung von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen in ständigen Dienstverhältnissen bei nicht anwaltlichen Arbeitgebern von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zugunsten der Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk ermöglicht werden kann. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich auf Ihrer Hauptversammlung im Dezember für eine isolierte sozialrechtliche Betrachtung ausgesprochen, die den Syndizi den Verbleib im Versorgungswerk unter Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ermöglichen soll. Den Beschluss der Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer vom 02.Dezember finden Sie hier.
Die Rechtsanwaltskammer Stuttgart hatte sich bereits frühzeitig gegen eine isolierte sozialversicherungsrechtliche Regelung ausgesprochen. Nach unserer Auffassung ist auf jeden Fall auch eine berufsrechtliche Lösung anzustreben, um einerseits die Einheit der Anwaltschaft unter einem sich wandelnden Berufsbild zu stärken, andererseits, weil nur über die berufsrechtliche Regelung erfolgversprechend eine vernünftige sozialversicherungsrechtliche Lösung für die Syndizi gefunden werden kann. Diese Auffassung bestätigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Justiz und Verbrauchschutzes, Herr Christian Lange, MdB, den die Rechtsanwaltskammer im August dieses Jahres zu einem Gespräch über aktuelle berufspolitische Themen eingeladen hatte.
Bis zum vergangenen Freitag war offen, wie die Deutsche Rentenversicherung Bund mit dem Kriterium des Vertrauensschutzes für die Syndizi umgehen würde, die vor den Urteilen des Bundessozialgerichtes von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden sind. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat nun entsprechende Informationen veröffentlicht, die Sie hier abrufen können. Weiterführende Informationen finden Sie außerdem auf unserer Homepage.
Ein weiteres Thema, das die Anwaltschaft im Jahr 2014 und über das Jahr 2014 hinaus beschäftigen wird, ist der elektronische Rechtsverkehr. Die Bundesrechtsanwaltskammer beauftragte im September die Firma ATOS mit der Umsetzung des Projektes, so dass ab dem 01.01.2016 für jeden Rechtsanwalt und jede Rechtsanwältin das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zur Verfügung steht. Die Bundesrechtsanwaltskammer wird die Kosten für die Einrichtung des beA im Jahr 2015 erstmals von den Rechtsanwaltskammern erheben. Wie schon in der Kammerversammlung 2014 angekündigt, werden die Kammermitglieder daher in der kommenden Mitgliederversammlung am 28.April 2015 über die Erhöhung des Kammerbeitrags zu entscheiden haben. Die Bundesländer sind ebenfalls mit den Vorkehrungen zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs befasst. Das Justizministerium richtet hierfür u.a. eine Arbeitsgruppe ein, in der Vertreter aus der Praxis Ihre Vorstellungen zur Projektumsetzung einbringen werden. Die vier Rechtsanwaltskammern Baden-Württembergs und der Anwaltsverband Baden-Württemberg entsenden jeweils einen Vertreter. Die Rechtsanwaltskammer Stuttgart wird in diesem Gremium durch das Vorstandsmitglied Rechtsanwalt Peter Wagner vertreten.
Schließlich hat die Satzungsversammlung in Ihrer Sitzung im November dieses Jahres eine Änderung von § 2 BORA beschlossen. Die Neuregelung, die voraussichtlich im Frühjahr 2015 in Kraft treten wird, soll den Kolleginnen und Kollegen mehr Sicherheit beim sogenannten „Outsourcen“ anwaltlicher Dienstleistungen geben. Ob das Prinzip der „Sozialadäquanz“, hinreichend Sicherheit bei der Erfüllung anwaltlicher Dienstleistungen durch Dritte bieten wird, bleibt in der Praxis abzuwarten. Verhalten, das im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei einschließlich der Inanspruchnahme von Leistungen Dritter erfolgt und objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltensweise im sozialen Leben entspricht, soll hiernach keinen Verstoß gegen die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht darstellen.
Im letzten Jahr hatte die BRAK ihre Mitgliedschaft im BfB gekündigt, weil aus Sicht der BRAK der BfB uneffektiv gearbeitet hat und nach dem Austritt großer Berufsgruppen keine hinreichende Interessenvertretung der freien Berufe darstellte. Im Jahr 2014 wurde der BfB grundlegend „saniert“. Die BRAK und andere Interessenvertretungen freier Berufe haben daher ihren „Wieder“Beitritt erklärt. Wir erwarten, dass mit dem neu aufgestellten BfB eine starke Interessenvertretung für die freien Berufe zur Verfügung steht.
Im Jahr 2015 stehen die Wahlen zu Satzungsversammlung, dem „Parlament“ der Rechtsanwälte, an. Bitte beteiligen Sie sich an der Wahl!
Im Namen von Präsidium und Vorstand der Rechtsanwaltskammer Stuttgart, aber auch persönlich, bedanke ich mich bei Ihnen für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung in diesem Jahr und wünsche Ihnen und Ihren Familien eine fröhliche und besinnliche Weihnachtszeit und alles Gute für das Jahr 2015!
Ihre
Ulrike Paul
Präsidentin
Rechtsanwältin