Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,
zum Ende dieses für uns alle besonderen Jahres gibt es zumindest insofern gute Nachrichten, als der Bundesrat am vergangenen Freitag das Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021) gebilligt hat. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Es sieht eine lineare Erhöhung der anwaltlichen Gebühren um 10 % (bzw. um 20 % im Sozialrecht) sowie strukturelle Änderungen im RVG vor. Die Gerichtsgebühren steigen ebenfalls linear um 10 %. Ferner werden die Sätze des JVEG für Sachverständige sowie Sprachmittler an die marktüblichen Honorare angepasst, die Entschädigungen für ehrenamtliche Richter sowie Zeugen an die wirtschaftliche Entwicklung. Aufgrund der JVEG-Anpassung werden auch Änderungen in § 1835a BGB zur Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Vormünder, Betreuer und Pfleger vorgenommen, da dieser auf § 22 JVEG verweist. Darüber hinaus sind künftig für die Freibeträge für PKH gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO die am Wohnort des Antragstellers geltenden Regelsätze maßgebend.
Das Gesetz wurde auf der Zielgeraden beinahe gestoppt, nachdem im Finanzausschuss des Bundesrates mehrheitlich für ein späteres Inkrafttreten des geplanten Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021 gestimmt worden war. Die Bundesrechtsanwaltskammer und die regionalen Rechtsanwaltskammern haben sich daraufhin bei den zuständigen Ministerien der Länder massiv dafür eingesetzt, dass das Gesetz, wie geplant am 01.01.2021 in Kraft treten kann. Ein späterer Zeitpunkt war, auch bei Berücksichtigung der Belastung der Länderhaushalte durch die Corona-Pandemie, nicht vertretbar.
Die überfällige Gebührenanpassung, die ohnehin lediglich einen teilweisen finanziellen Ausgleich für die Kostenentwicklung in den vergangenen Jahren bringen wird, durfte nicht weiter hinausgezögert werden. Seit der letzten Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung im Jahr 2013 sind die Löhne um mehr als 19 % gestiegen. Die Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung war daher zwingend notwendig, um die auch für die Anwaltschaft gestiegenen Kosten zu decken. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unverzichtbarer Bestandteil des Rechtsstaats, Arbeitgeber und Ausbilder von Fachkräften. Eine Abkoppelung der gesetzlichen Vergütung von der allgemeinen Einkommensentwicklung wäre das falsche Signal an die Anwaltschaft gewesen.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien im Namen von Präsidium, Vorstand und Mitarbeitern der Geschäftsstelle der Rechtsanwaltskammer Stuttgart ein besinnliches und hoffnungbringendes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr!
Ihre
Ulrike Paul